Der individuelle Grundton
DER PERSÖNLICHE GRUNDTON
Jeder Mensch hat in seiner typischen Tonlage, einen ganz einzigartigen Stimmklang der von jedem anderen Individuum unterschieden ist. Seit altersher singen die Indischen Sänger und Sängerinnen zu „ihrem“ typischen Grundton, dem „SA“ oder „SADJA„, der in der Musik stellvertretend steht für das immerwährende „OM„. Dieser Grundton schwingt als kontinuierlicher Klangteppich immer mit; sich mit ihm klanglich zu „vereinigen“ und darüber mit dem „ALL-EINEN“ ist höchstes Ziel in der Indischen Musik überhaupt. (mehr dazu).
Alle Übungen des NADA YOGA sollten immer in dieser individuellen Tonlage gemacht werden, um ganzheitlich mit sich selbst und der Welt „in Einklang“ zu kommen… Richtig ausgeführt helfen diese Übungen zusätzlich bei verschiedensten Problemen mit der Stimme -von chronischer Heiserkeit, schwacher Stimme bis hin zu Problemen mit dem Hören (>> Tinnitus) – und vielem mehr. Erfahrungsgemäß singen Männer ungefähr eine Quart tiefer als Frauen, in etwa auf der Frequenz zwischen den Tönen C und DIS – die Frauen typischerweise zwischen F und GIS. Für das richtige Üben gibt es im Shop CD’s mit verschiedenen Grundtönen zu kaufen.
Es ist mir im Unterricht immer ein ganz besonderes Anliegen, dem Übenden zu dabei zu unterstützen, die eigene Tonlage, den eigenen Grundton zu finden und den immer einzigartigen Stimmklang. Dabei stütze ich mich vor allem auf meinen jahrelangen Erfahrungen aus dem Indischen Gesang – insbesondere dem Dhrupad. Außerdem fließen in meine Arbeit Erkenntnisse des indischen Physikers und Musikwissenschaftlers Vemu Mukunda mit ein, der in letzter Zeit hier im Westen bekannt wurde.
GRUNDTONBESTIMMUNG
In der Logopädie und verschiedenen Stimmtherapien wurde immer schon die richtige Stimmlage des Patienten ausfindig gemacht auf Basis der Sprechstimme. Gesanglehrer orientieren sich in der Regel nach verschiedenen Anforderungen eines Bühnengesanges und teilen das sog. „Timbre“ der Stimme ein in verschiedene „Stimmlagen“wie Bass, Bariton, Tenor, Sopran, Alt.
In letzter Zeit werden inzwischen viele andere Wege und Techniken zur so genannten Grundtonbestimmungen angeboten. Techniken nach Vemu Mukunda analysieren zusätzlich die verschiedenen Ober- oder Nebentöne, die in jeder Stimme mitschwingen. Auch gibt es bereits diverse computergestützte Programme zur Bestimmung des persönlichen Grundtones.
DER GRUNDTON im NADA YOGA
Sa (vollständig: „Sadja“) ist der Schöpferklang aller anderen Töne der Tonleiter und entspricht auf musikalischer Ebene dem Urklang AUM, dem heiligsten aller Mantras des Ostens – oder NADA, der hörbaren Form des Urklanges. Es ist der Ton, der alle anderen Töne in sich birgt, aus dem sie alle entstehen und am Schluss wieder in ihn eingehen. Das Sa webt wie die weiße Leinwand des Malers den klingenden Hintergrund, auf dem alle anderen Töne erst ihre Wesen, ihre Farben entfalten.
Traditionell wird der Grundton von der Tampura gespielt. Sie webt einen feinen Klangteppich mit unendlich vielen Obertönen, aus denen sich die sieben Swaras der natürlichen Tonreihe entfalten. Die „Sieben Töne des Lichts“ setzen sich also aus Tonverhältnissen der Obertonreihe zusammen – ganz so, wie sie als harmonisierendes Ordnungsprinzip in der ganzen Natur, im Kosmos und natürlich auch im Körper jedes Menschen vorhanden sind.
LAUSCHEN AUF DEN GRUNDTON – EINE HEILENDE ERFAHRUNG
Das bloße Lauschen auf den „Drone“, den Grundton, wirkt bereits wohltuend und heilsam. Es ist das Grundprinzip von Stimmtherapien nach dem Nada Brahma Prinzip. Durch das ständige Lauschen und “sich einstimmen” auf den Grundton entsteht ein tiefes Gefühl von “zuhause ankommen” und “verbunden Sein” und wir entwickeln „rasa“ – eine körperliche Wahrnehmung des Klanges.
Diese Praxis kann Verstand und Intuition, Emotionen und logischer Ratio, Oben und Unten, Außen und Innen und damit zwischen den beiden Gehirnhälften in Einklang zu bringen, was zur Erfahrung einer tiefen Ruhe, Ausgeglichenheit führen kann: Dhyana – dem Zustand höchster Konzentration.
STIMMPRAXIS AUF BASIS DES GRUNDTONES
Um die meditative und heilende Wirkung der natürlichen Stimme zu erfahren, ist im NADA YOGA ist neben der Bestimmung des individuellen Grundtones natürlich mindestens genauso wichtig, was ich ich und wie.
Traditionell wurde in Indien sehr viel Wert gelegt auf die Einhaltung der Regeln von Raga und Tala, wozu ein intensives Lauschen und „sich einstimmen“ gehört. Auch eine sattvige Lebensführung ist traditionell von hoher Bedeutung. Dabei entwickelt der Schüler einen so feinen Hörsinn, dass sich der richtige, individuelle Stimmansatz auf natürliche Weise einstellt. Der Lehrer „hört“ an dem Ton, welche Chakras, Nadis aufmerksame Paris brauchen. Das Wort „Stimmtechnik“ ist erst durch die Begegnung mit der westlichen Musik in Indien entstanden. Ramakant Gundecha spricht dagegen von „voice-culture“ – also „Stimmkultur„, was einen eher umfassenden und organischen Ansatz in sich trägt.
STIMMKULTUR IM NADA YOGA
Das „wie“ des Singens ist entscheidend dafür, dass wir in der Lage sind, den „raga“ zum Leben zu erwecken mit der richtige Intonation und „rasa“ und „bhava“ (übersetzt in etwa: Stimmung und Ausdruck). Dafür muss die Stimme so geübt werden, dass sie in der Lage ist, die Energie aller Nadis und Chakras gleichermaßen zu nutzten. Dadurch kann die Stimme unser Energiezentren harmonisieren (align) und den Fluss des Prana von Blockaden regulieren, harmonisieren, reinigen, aktivieren und die Energie aufsteigen lassen. Wenn das im Sänger geschieht, ist es für den (geübten) Zuhörer hörbar und fühlbar. Dann wirkt der Gesang heilend für Sänger und Publikum zugleich.
So wie nicht jede lang gehaltene Körperstellung eine Yoga-Asana mit ihren besonderen Wirkungen auf das feinstoffliche System, so ist auch nicht jeder Stimmansatz geeignet, den Fluss des Prana zu regulieren…